Hat man ein Mofa nicht nur, damit man den Auspuff aufbohren kann – und einen Fuchsschwanz an den Lenker binden? Für junge Männer trifft das sicher zu. Von daher ist ein Alternativ-Betriebssystem für den Kleinst-Laptop EEE sicher eine feine Sache, die einem das Gerät noch näher bringen kann. Ubuntu bietet sich an – das ist verbreitet, komfortabel und in der gut angepassten Variante eeeXubuntu zu bekommen. Aber hat das Ganze über den Fuchsschwanz-Wert hinaus noch praktischen Nutzen?
Ein paar grundsätzliche Überlegungen
Bestandsaufnahme: im direkten Vergleich mit der EEE-Standardinstallation ist (X)Ubuntu-Linux unbestritten
Und da ist das dickste Argument noch gar nicht erwähnt: die riesige Ubuntu-Community, die noch das obskurste Problem längst gelöst hat. Allerdings sind riesige Gewinner-Communities eher abstossend – der „Bayern-München-Effekt“. Die wirklich coolen Säue sitzen in der EEE-Gemeinde, oder? Und sie haben nicht nur (einige wenige) Freunde bei Asus in Taiwan, sie haben auch gute Argumente, lieber am vorinstallierten EEE-Xandros-Linux weiterzuschrauben – trotz aller berechtigten Kritik an der lieblosen Linuxerei auf dem Standard-EEE.
Denn das Xandros hat drei schwergewichtige Argumente für sich:
Mein schon heftig verbasteltes Xandros kreidlert ab wie ein Epo-Radler. Nach 12 Sekunden ist der Cursor da, nach spätestens weiteren 21 Sekunden ist der Desktop einsatzbereit, nach weiteren 11 Sekunden steht die WLAN-Verbindung. Um komplett abzuschalten, benötigt das System sage und schreibe 10 Sekunden – in dieser Zeit hat eeeXubuntu kaum den Tastendruck ausgewertet.
Die eeeXubuntu-Vergleichswerte für einen normalen Bootvorgang: 42 Sekunden bis zum Login-Bildschirm, der Standard-Desktop steht nach weiteren 11 Sekunden, bis der völlig überflüssige 3D-Schickibuntifuchsschwanz-Fenstermanager compiz übernommen hat, sind noch einmal 42 Sekunden vergangen (ist Warten der wahre Sinn des Lebens?) Heruntergefahren ist Xubuntu in 22 Sekunden.
Etwas besser sieht der Vergleich aus, wenn man eeeXubuntu nicht kaltstartet, sondern in den Tiefschlaf schickt (a.k.a. suspend-to-disk oder hibernate) und wieder aufweckt. 32 Sekunden, bis der Rechner alles gesichert hat und den Winterschlaf erreicht, 30-35 Sekunden, bis er arbeitsfähig wieder vor mir steht. Das ist doch schon besser.
Eine Tiefschlafstudie
Die Tiefschlaffunktion ist sicher der grösste Leckerbissen auf der Palette der eeeXubuntu-Spezialitäten; im Xandros -Kernel ist sie gar nicht hineinkompiliert, was nicht nur Robert Basic Nerven raubte. Mich wiederum kostete es einige Nerven, bis eeeXubuntu wirklich winterschlafen wollte. Letztes Problem war, dass nach dem „Hibernate“die swap-Partition regelmässig verschwunden war – und das ist bei allen so, die die Standardinstallation nutzen. Das Problem liegt interessanterweise im Bootmanager: die entsprechende Grub-Zeile wurde um „resume=/dev/sda5“ ergänzt, und das Problem war behoben. Ein bekannter Bug der Standard-Installation mit ubiquity. (Mehr Details hier. )
Die Installation war auch kein Zuckerschlecken: für eine fuchsschwanzige Xubuntu-Experience rät es sich, die Schrauber-Liste im eeeUser-Wiki Punkt für Punkt abzuarbeiten. – Nun denn: Nachdem Xubuntu nun also rund läuft, ist eins im direkten Vergleich nicht mehr zu übersehen: hübsch, aber fett. Ein rundes halbes Gigabyte mehr als meine vergleichbare Xandros-Installation, und da sind die 560MB für die nötige Swap-Partition noch gar nicht gerechnet. (Zum Sinn und Unsinn von Swap auf Flash-Karten hier bald mehr.) Schöne Spielereien wie Compiz verbrennen wertvollen Akku-Strom, ebenso wie all die hübschen Helferlein, die man sich zwangsläufig ins Haus holt – selbst auf dem schlanken XFCE-Desktop.
Halten wir fest: es macht sich bezahlt, dass Asus sein Taschenlinux liebevoll klein und schnell optimiert hat; man spart sich endlose Headerdateien und ganze Regale voller Bibliotheksdateien, die für den EEE ohnehin irrelevant sind. Die Vorteile der Optimierung durch Asus scheinen die grössere Ubuntu-Community auszugleichen – das Xandros bleibt die Nummer eins. Wenn man nicht doch einen Fuchsschwanz will.
Nachsatz
Der grosse Vorteil am Tiefschlaf ist unbestritten: man arbeitet genau da weiter, wo man aufgehört hat. Das Xandros ist zwar wie gesagt schneller, wenn man es komplett herunter- und wieder hochfährt, verbraucht in der Zwischenzeit dann auch keinen Strom, nervt aber, weil man alles, was Office offen hatte, erst mal wieder herstellen muss. Eine Projektidee: alle aktiven Userspace-Programme wie Firefox, Ooo und Mail über so was hier in eine Datei sichern und über ein Startskript wieder aufrufen? (Noch nicht getestet; die Software scheint nicht weiterentwickelt zu werden.)
Noch ein allerletztes PPS: gerade will ich diesen Artikel speichern, da schaltet der EEE ohne Vorwarnung ab. Der Akku war leer, und xubuntu hat’s nicht gemerkt. Da ist wohl noch Bastelei fällig.