Cebit censeo

Ist es schon wieder so weit? Ja, es ist, auch wenn ich es beim Blick in die leere Halle 26 kaum glauben kann. Halle 26 – das war früher mal der lauteste Ort Hannovers, hier schallten die Mobiltelefon-Hersteller gegeneinander an. Aber die sind lang schon nicht mehr da, nur ein paar Hersteller aus Fernost wie HTC oder LG stellen ihre neuen Schätzchen aus, und auch die E-Plusse, Otwos und Vodafones dieser Welt sind deutlich zurückhaltender geworden. Nicht zu reden von der T-Elekom: Die hat früher mit ihrer Pressekonferenz die Cebit quasi eröffnet; der erste Termin vor allen anderen, aber mit dieser Platzhirscherei hat es auch ein Ende; statt dessen veranstaltet sie am Tag vor der Eröffnung einen absurden Terminbattle mit dem anderen Halle-4-Schwergewicht Microsoft. Telekom-Business-PK und Microsoft-PK parallel – und beides, wenn ich den Kollegen Glauben schenken darf, eher absurde Termine.

Nun kann man natürlich den großen Zeiten der Cebit nachtrauern und ein „Ach ja, früher…“ in die Gegend raunen – so wie jener Unbekannte, mit dem ich an der Bar eines völlig überfüllten Not-ICE Bier getrunken habe, während des Sturms am Sonntag, als alles durcheinander war. Über den irrlichternden Messechef hat er gespottet, was ich gut nachvollziehen kann, und dann von den Zeiten gerüchtet, als ein großer deutscher Elektrokonzern nahe Halle 2 eine Reihe von Container-Büros mit „Servicekräften“ unterhielt, die sich um die untere Körperhälfte besonders potenter Kunden zu kümmern hatten. In den 90ern soll das gewesen sein, und ich kann’s nicht nachprüfen, würde es diesem Konzern zu dieser Zeit aber ohne weiteres zutrauen.

Olle Kamellens. Sehen wir das Positive: Die geschrumpfte Cebit ist deutlich kompakter, und endlich ist es wieder möglich, sich innerhalb eines Tages einen groben Überblick zu verschaffen. Das mit den Dimensionen ist ja sowieso schwer zu vermitteln: Auf der einen Seite findet sich selbst ein Riesenhypethema wie die 3D-Technik fürs räumliche Fernsehen nur an einem zimmerkneipengroßen Stand in Halle 16, an dem man ohne Probleme achtlos vorbeigehen kann, und auf den Ständen einiger fernöstlicher Massenhersteller. Auf der anderen Seite ist das Messegelände groß, sehr groß. Weshalb eins unverändert bleibt:

…der Cebit-Profi fährt Rad.

Da das alles natürlich vollkommen uninteressant ist – „was gibt’s zu sehen, Mann?“ – mehr bis morgen.

10 Dinge, die ich an dir… Meine Hassliebe zu Apple

Darum beneidet uns der Ami:

  • Um so formschöne und praktische Komposita wie „Hassliebe“ (und nicht „love-hate relationship“ sagen müssen, relationship, wie das schon klingt, sag mal…)

Darum beneiden wir den Ami:

  • so großartige Personen hervorgebracht zu haben wie den Gründer der einzig funktionierenden Diktatur auf diesem Planeten, Steve Jobs, CEO von Apple, Inc.

Naja. Als Multiplattform-Rechnerzoo-Halter habe ich gegen jedes System meine Manschetten, aber Apple ruft dann doch ganz besonders starke Gefühle hervor. Hassliebe eben. (Und: An einem Apple-Computer über den „Cult of Mac“ lästern – das ist doch so sophisticated…) Hier also eine qualifizierte Kritik der reinen Unvernunft.

10 Dinge, die ich an Apple-Computern hasse

  1. Die Leute, die Apple einfach gut finden
  2. Programme extra zumachen zu müssen, nachdem ich schon alle Fenster geschlossen habe.
  3. iPhoto – warum drücken die mir jedesmal iPhoto aufs Auge, wenn ich mein iPhone anschließe? (Jaja, ich weiß.)
  4. Dass man das ‚@‘ nur über das L bekommt, was ich vollkommen unverständlich finde, zumal ich immer erst mal auf AltGr-Q drücke und mir damit alle Arbeit abschieße, weil sich das Fenster schließt und alle Browsereingaben weg sind
  5. Sowieso: die Unterscheidung zwischen Ctrl-Taste und Dingens-Taste. (Was soll das überhaupt für ein Symbol sein neben dem Apfel auf der Dingens-Taste?)
  6. Tethering mit dem iPhone. (Was, bitte? Genau. Und daran ist Apple mit schuld, denke ich.)
  7. Wollt ihr wirklich noch ein weiteres Beispiel in Sachen nicht eingehaltene Standards? Bitte: SMB-Server. Und: Bildschirmfotos als TIFF (!)
  8. Mini-Macs verbrauchen „ausgeschaltet“ anscheinend ebenso viel Strom wie im Standby-Modus, entnehme ich einer Mac-Zeitschrift. Hey – die paktieren mit der Kraftwerkslobby!
  9. Studiogespräche über das jeweils neueste sinnfreie Apple-Gadget mit den hr3-Kollegen. Erinnert sich jemand an den Macbook Air?
  10. Eben das: dass Apple eine Diktatur ist, ein totalitäres, in sich geschlossenes System ohne viel Verhandlungsbereitschaft. Eine wohlwollende Diktatur, zugegeben.  Aber eben eine Diktatur.

10 Dinge, die ich an Apple-Computern liebe

  1. Dass ich jetzt endlich so arriviert bin, dass ich sie mir leisten kann. (Fresst das, ihr EEE-Dilettanten!)
  2. Dass sich die Leute, die einen haben, auf Konferenzen öfter zum Obst machen, weil garantiert einer von ihnen wieder den DVI- (oder was auch immer)-to-VGA-Adapter für den Beamer vergessen hat und doof aus der Wäsche schaut. Hähä.
  3. Wenn ich das Betriebssystem auf einer anderen Platte haben will, dann kopiere ich’s einfach. Und alles funktioniert, selbst wenn die Platte nur extern per USB dranhängt.
  4. Dass sie so schön wertbeständig sind und auch 10 Jahre nach dem Kauf noch als Computer durchgehen und nicht nur als Türstopper.
  5. Hoher WAF.
  6. Entspiegeltes Display jetzt beim Macbook auch ohne Aufpreis. Beim Macbook Pro. Dem Fünfzehnzöller. But hey.
  7. Die Modelmädels im Gravis-Laden sind viel hübscher als die Pubertätspickeldrüsen beim PC-Palettenschubser.
  8. Multitouch. Clickwheels. Losgelöste Eleganz. All diese irren „User Experience“-Dinge, die sie der Welt gebracht haben.
  9. Dass sie mir ein Interview mit Woz beschert haben.
  10. Ein Apple-II-Computer war meine erste große Liebe. Und die vergisst man ja bekanntlich nie…

Schnell und nicht mehr ganz so dreckig

An sich haben es Menschen, die ihren XP-Rechner mit allem möglichen Unsinn zumüllen, nur weil er kostenlos ist, nicht besser verdient. Hey, super neues Programm, mit dem ich meine Fotos zu Aldi um drei Prozent schneller hochladen kann! Fernbedienungstreiber für die riesen Bildbearbeitungssoftware! Wicked! Komisch nur: wieso ist mein 1,7GHz-Celeron mit 512MB auf einmal echt langsam?

K. ist eine gute Freundin, deshalb kümmere ich mich doch um den etwa vierjährigen Benq-Laptop, den sie mir mitbringt. Ehe ich ans Deinstallieren all des Unsinns gehen kann, muss ich erst einmal 15(!) Tasks abschießen, um überhaupt wieder vernünftig arbeiten zu können. So weit, so schlecht, aber der Laptop weist noch ein deutlich beunruhigerendes Phänomen auf: er steigt immer wieder komplett aus. Friert ein, verweigert die Arbeit. Und einmal, sagt K. – da hat die Maschine auf einmal derart nach verbranntem Kunststoff gestunken… sie hat sie gleich ausgemacht, danach ging’s wieder, aber seitdem misstraut sie dem Maschinchen – zu Recht, weil er seitdem die Neigung zeigt, stehenzubleiben.

Also Schraubenzieher gezückt und auseinandergerissen – das ist bei einem Benq Joybook 5100 auch nicht schwieriger als bei anderen Rechnern. Meine Vermutung: die Prozessorkühlung, also alles abgenommen, gründlich geputzt – eine regelrechte Staubmausmatte aus dem Abluftschacht hat da sicher tüchtig wärmegedämmt – und alles wieder zusammengesetzt. Zum Glück war’s das.

Woraus sich schließen lässt, dass Laptops problematisch sind, die ihren Lufteinlass auf der Unterseite haben; Laptops (zumal solche, die in ganz normalen Haushalten eingesetzt werden; Zitat K.: „Das Ding steht schon mal auf einem weichen Untergrund. Auf einem Kissen oder so.“ Und vermutlich öfter auch auf einem, der fusselt. Nächste Reinigung in 2 Jahren schon mal vormerken.)

Immerhin: die hard- und softwaremäßig frisch gereinigte maschine läuft jetzt wieder lange, schnell – und nicht ganz so dreckig.

Lufteinlass auf der Unterseite, Luftauslass auf der Rückseite - hier wurde es dreckig

Lufteinlass auf der Unterseite, Luftauslass auf der Rückseite - hier wurde es dreckig

Wochensplitter

…und wer bis zum Schluss durchhält, bekommt einen Cartoon. Versprochen.

  1. Nawahnsinn. Das Auto-Update von WordPress 2.8.4 auf 2.8.5 hat ohne Mucken funktioniert; das Sicherheitsloch ist gestopft. Dieses Kribbeln immer; dieser Kick, wenn man wider besseres Wissen auf den „Auto-Update“-Knopf klickt – das rockt… Leider keine neuen Katastrophen diesmal (siehe mein letzter Post).
  2. Cooler Artikel beim PR-2.0-Guru Brian Solis: Der hat eine Studie zusammengefasst, die Retweets bei Twitter untersucht. Was verbreitet sich viral, was nicht? Zugegeben: Auf Weisheiten wie „120 characters is the new 140“ hätte man selber kommen müssen – oder auf: Banales wird nicht weitergetwittert. Aber wer hätte gedacht, dass Retweets (statistisch) nachweisbar intellektuell anspruchsvoller sind als das Alltagsgezwitscher?
  3. Danke, Facebook. Da habe ich dir gerade die Woche in einem Fünfzehnminutenfeature für hr2 so was von die Eier geschaukelt; „Betriebssystem fürs Internet“, „Microsoft des 21. Jahrhunderts“ und so. Nicht dass ich Dankbarkeit erwarte, aber dass ausgerechnet das Alle-kommunizieren-mit-allem-Unternehmen Facebook keinerlei Möglichkeit bietet, mit ihm in Kontakt zu treten, wenn die Anmeldung nicht funktioniert, das ist dann doch ein starkes Stück. Auf Anregung des geschätzten Kollegen Holger Klein eine Mail an „press@facebook.com“ geschickt; mal gespannt, ob FB (a) antwortet und (b) überhaupt einen deutschen Sprecher bzw. Vertreter hat.Die Facebook-Sache erinnert mich an eine Geschichte, über die ich mal vor Jahren in Berlin gestolpert bin: eine kleine Werbe-Agentur, die das Pech hatte, eine bestimmte Telefonnummer zugewiesen zu bekommen. Die Telefonnummer aus den allerersten Tagen von eBay nämlich – aus der Zeit, als die virtuellen Hammerhöker noch nicht die superiore was-geht-uns-das-an-Attitüde zum Geschäftsprinzip im Umgang mit ihrer wuchernden Kundschaft erkoren hatten. Irgendwann aber beschloss eBay in Berlin, telefonisch nicht mehr erreichbar sein zu wollen – hat man nur Ärger mit, mit diesen lästigen Kunden. Und die ehemalige Kunden-Nummer landete – nach einem Jahr im Telekom-Abklingbecken – bei besagter kleiner Agentur. Die sich nun Tag für Tag mit genervten eBay-Kunden herumschlagen durfte – und dabei von Telekom und Auktionsplattform zunächst keinerlei Hilfe bekam.
  4. Fast so wenig Kommunikation also wie bei meinem ersten Besuch im Donnerstagstreff, dem hiesigen Ableger des CCC – bzw. eben nicht Ableger, weil ja überhaupt nicht verfasst, sondern nur formlos als Treff organisiert. Die „Was willst du, Fremder?„-Blicke bin ich ja gewohnt aus den linken Altersackkneipen in meiner Nachbarschaft, das ist okay. Allerdings wurde ich dann erst einmal unwilliger Zuschauer einer Grundsatzdiskussion zwischen denen, die einen ordentlichen Nerd-Verein gründen wollen (mit, hoffentlich, irgendwann eigenem Hackerspace) und denen, die sich dadurch in ihrer alt hergebrachten siffigen Anarcho-Heimeligkeit gestört fühlen. Und wie immer spielten sich die interessanten Dinge nicht auf der Sachebene ab, sondern im Subtext – wie junge Hunde, die ihr Territorium markieren, indem sie sich gegenseitig vor die Hütte pissen. Meine Güte, Leute – im Alltagsleben seid ihr doch alle hocheffiziente Problemlöser, Projektmanager, Wegefinder – und dann führt ihr euch so auf? Habt ihr nicht studiert? Ich habe das jedenfalls alles schon vor zwanzig Jahren im Asta hinter mich gebracht, fühlte mich zu alt dafür, beschloss, nicht noch mehr meiner kostbaren Lebenszeit zu verschwenden und ging heim. Vielleicht wieder, wenn ihr was Vorzeigbares in Sachen Hackerspace geschafft habt.
  5. And now for something completely different. Das hier hat mir diese Woche einen Tag gerettet:
    nerd strip
    (via wolfmorgenthaler.com)

Mitbringsel von der gamescom (II): Perverse Freudenknüppel

Nie war eine Innovation dermaßen demonstrativ abwesend wie die Weiterentwicklung der Bewegungssteuerung auf der GC in Köln.

Dabei war es doch ausgemachte Sache: Dieses Jahr in Köln, da sehen wir das Anfang vom Ende eines alten Freundes: des Freudenknüppels, vulgo: des Joysticks. Hatte ich auch munter behauptet und habe es auch geschafft, einen ganzen Tag mit nur sehr wenig Joystick-Kontakten auszukommen – dafür habe ich mich als wild mit den Armen flatterndes Wii-Huhn zum Obst gemacht, mir den Wii-Controller um den Oberschenkel schnallen lassen, damit die Mädchenkonsole mal zeigen konnte, was sie so als Personal Trainer draufhat, habe sogar die Wii-Variante des Shooters „Dead Space“ angespielt; ein Achterbahnshooter, der ziemlich an Schießgalerien auf dem Rummelplatz erinnert.

Sony wollte eine Botschaft von mir. Das war sie: "Where's the Motion Sensor?"Was ich gerne getestet hätte, aber nicht durfte: Wohin das mit der Bewegungssteuerung führt, wenn man eine vernünftige Plattform testet. Sony-PK, Dienstagabend: Schönes Wetter, Häppchen, ein Gedränge, als stünden U2 oder wenigstens die Stones auf der Bühne, eine merkwürdigerweise vielbejubelte Rezessions-PS3 (20% schlanker, 25% billiger) – aber zum geplanten „Motion Controller“ nur der Satz: Den zeigen wir dann in einem Monat in Tokio.  Suuuper. Bei Microsoft hinter den Kulissen bedauerndes Schulterzucken: Project Natal, die vielfach befabelte Kamera-Sensor-Kombi für wirklich immersives Spielverhalten? Dazu sage ich nicht mal, dass wir nichts dazu sagen; bedauere. Und auch Godgamegott Peter Molyneux, den ich zu seinem neuen Projekt Fable 3 interviewt habe – und im Anschluss gefragt, ob denn Fable 3 möglicherweise auch mit Natal-Integration daherkommt, antwortete nur britisch trocken: „You don’t expect me to answer that, do you?“

Und doch habe ich ein todsicheres Indiz gefunden, dass die Zeit des Freudenknüppel sich neigt – der Niedergang einer Kulturtechnik zeigt sich in ihrer nostalgischen Perversion. Für die Wii, die Einzig Wahre Konsole in der Käufergunst, hat Capcom ein Oldschool-Prügelspiel vorgestellt – mit einem Aufsatz, einem Zusatzgerät. Mit Competition-Pro-artigem Joystick und mit schönen großen runden Mash-Buttons. Sogar Button-Töne kann man zuschalten. Wow: Ein Freudenknüppelsimulator. Fast ganz wie früher, ey.

Der Joystick-Simulator war leider schon weg, als ich ihn bei Capcom fotografieren wollte

Mitbringsel von der Gamescom (I): Iranische Actionspiele

Was der untergeek wusste: Dass Computerspiele entwickeln ein verdammt hartes Geschäft ist, mit Risiken wie sonst nur in der Filmindustrie. Was der untergeek auch wusste: Dass der Iran neben seinen rückwärts gewandten Gläubischen auch überproportional viele Netzbürger hat und hervorragende Programmierer. Was der untergeek nicht wusste: dass der Iran auch eine eigene Spieleindustrie hat – mit sehr eigenen Problemen.

iran-stand

Wer Prince of Persia 3D mochte, wird auch Quest of Persia mögen – soweit man das vom Trailer her beurteilen kann: Da sehen Charaktere und Bewegungen doch sehr vertraut aus – und sehr Nineties. Okay, die Engine ist nicht mehr up to date, das wissen wir auch, sagt mir der freundliche Entwickler von Puya Arts Software am Stand des Verbands der iranischen Spieleindustrie; für die nächste Produktion bauen wir eine moderne Engine ein. Aber die alte Engine hat eben nicht viel gekostet; und dann erläutert er mir die ganz besonderen Herausforderungen für seine Branchenkollegen im Lande.

Screenshot aus "Quest of Persia 2: Lotfali Khan Zand" (Q: www.questofpersia.com)Nein, nicht die Zensur. Eher verständnislos sieht er mich an, als ich frage, ob Computerspiele für den Geschmack der Theokratie nicht zu verwestlicht wären. Das Problem ist ein anderes: Ein Spiel wie „Quest of Persia“ kann Puya Arts für 6 Dollar 50 auf den Markt bringen. Und dann konkurriert es dort mit den Spielen, die auch bei uns über den Tisch gehen; mit – sagen wir mal: dem Assassinen-LangweilerBlockbuster aus Kanada. Für 1 Dollar.

Die iranische Regierung hat da nämlich diese Politik gegenüber Markenpiraten und Raubkopieren. Das alles interessiert sie nicht, solange nicht einheimische Waren betroffen sind. Würde jemand anfangen, in großem Stil unsere Spiele zu kopieren, könnten wir ihn aus dem Verkehr ziehen lassen, berichtet mein iranischer Gesprächspartner; für die Ware der großen Internationals trifft das nicht zu.

Was dann eben leider auch heißt, dass die hoffnungsvollen Nahost-Entwickler nicht recht konkurrenzfähig sind.

Wer möchte, kann das zweite und englisch lokalisierte „Quest of Persia“ übrigens hier online erwerben. Demo hier. Bisher verkauft es sich, sagt mein Gewährsmann, mäßig.

untergeek lernt Drupal

Denke über ein kleines neues Projekt nach; spiele dafür derzeit mit Möglichkeiten herum, Redaktionen (und ähnliche Kleinstorganismen) mithilfe von sozialer Software zu organisieren, und da mir die herkömmliche Kombination aus MediaWiki und WordPress mit gemeinsamer Nutzerbasis nicht sexy genug war, habe ich angefangen, mit dem CMS Drupal herumzuspielen – beziehungsweise dessen auf Projektmanagement spezialisierten Ableger OpenAtrium.

Natürlich lief die Installation nicht rund, und das hat in diesem Fall mit einigen Eigenheiten von Strato zu tun, meinem sonst durchaus geschätzten und geliebten Provider.

  • Der erste Schritt war einfach: Das OpenAtrium-Installationspaket heruntergeladen und in ein Verzeichnis auf dem Server geschoben, die install.php aufgerufen – und die Installation läuft los. Leider läuft sie nicht durch, sondern bricht am immer gleichen Punkt ab mit der Fehlermeldung, der Speicher sei aufgebraucht. 32MB würden nicht reichen, sagt die PHP-Installation
  • Jetzt ist das mit dem Speicher für PHP so eine Sache. An die Datei php.ini, die globale Einstellungen festlegt, kommt man bei Strato nicht heran; dort kann man den Speicher also nicht hochsetzen. Ich wundere mich, dass das nötig ist – laut einem Hinweis von Strato bietet mein Hosting-Paket beim Einsatz von PHP5 maximal 64MB, was dicke reichen müsste. Und ich habe den OpenAtrium-Ordner im „Webkonfigurator“ zum Einsatz von PHP5 gezwungen. Ist das Paket mit sich selbst zu geizig?
  • Wie kann man sich mehr Speicher verschaffen? Neben der – wie gesagt: nicht zugänglichen – Konfigurationsdatei php.ini besteht die Möglichkeit, in der versteckten Datei .htaccess Anpassungen vorzunehmen. Zu der kursieren einige Tipps im Netz; man solle Verschiedenes auskommentieren oder sie ganz löschen. Dass das nötig ist, kann ich nicht bestätigen; Fakt ist aber: Trage ich in die .htaccess-Datei die Anweisung „memory_limit = ’64M‘;“ ein, produziert der PHP-Interpreter nur noch Fehler.
  • Der nächste Schritt war, dem Programm selbst mehr Speicher zu geben: Die OpenAtrium/Drupal-Installation hat in einem Unterordner eine „settings.php“; dort kann man das memory_limit auf 48MB setzen. Nicht schlecht, nützt aber nichts für die Installation. Moppelkotze.
  • Obwohl ich – spürst Du’s, Leser? – nur noch einen Schritt von der Lösung entfernt war, habe ich mich an diesem Punkt entschlossen, die Installation nochmal zu radieren und von vorn anzufangen. Nanu, ehemals schreibgeschützte Dateien lassen sich immer noch nicht löschen? Auch auf der ssh-Kommandozeile nicht? Kein Wunder, wenn der Ordner noch schreibgeschützt ist, du hohle Nuss. Und nein, bei Unix gibt’s kein chown und kein chgrp, sondern nur den Befehl chmod; Linux ist nicht Unix.
  • Vor der Neuinstallation habe ich das memory_limit in install.php UND in settings.php auf 48M gesetzt. Und siehe da: jetzt lief die Installation durch.

Gut, nun läuft OpenAtrium also, sieht gut aus, erst einmal aber auch nicht viel mehr. Komme mir ein wenig vor wie der Mann, der sich einen teuren Flügel kauft und ins Wohnzimmer stellt und dann allmählich darüber nachzudenken beginnt, ob es nicht doch mal hilfreich sein könnte, Klavierunterricht zu nehmen. Ob ich nicht doch lieber beim Wiki bleibe?

Neue Twitterspammer-Masche

Wahrscheinlich bin ich mal wieder der letzte, der’s mitbekommen hat, aber die Spammer haben eine neue Masche: sie beobachten die „Trending Topics“ bei Twitter, wählen sich das memigste #hashtag und texten dann drauf los. Meist mit Profilbildchen beliebiger Katalogschönheiten (scheint bei Geeks den internen Bullshit-Sensor zu überbrücken).

Twitter-Spam zu #notagoodlook

Der #notagoodlook-Thread jedenfalls wurde durch die Spammer ziemlich unlesbar und reichte bei weitem nicht an den Unterhaltungswert von #topluegen oder #geekpickuplines heran.  Wann sind eigentlich das letzte Mal ein paar Spammer aus pädagogischen Gründen nackt durch die nächtlichen Straßen von Aberdeen gepeitscht worden?

Ach ja: gefährlich ist der Schrott auch noch. Deswegen die Links verwischt (sind eh alle identisch).

Piratenpartei: Träumt weiter!

Die Geek-Partei irgendwann über fünf Prozent? Angestoßen vom relativen Erfolg der Piraten-Partei bei der Europawahl spekuliert der Spiegelfechter ein wenig darüber, ob die Piraten nicht die neuen Grünen seien. So charmant der Gedanke ist, zeigt er etwas, was mir bei Geeks häufiger vorzukommen scheint: ein naives Verständnis von Politik und Gesellschaft. Ich teile die Zweifel von netzpolitik.org an der Tragfähigkeit der gesellschaftlichen Basis der Piraten, aber aus Gründen, für die ich ein wenig ausholen möchte.

Ein wenig Küchenpolitologie

Kaum eine Erkenntnis hat unter den Politikwissenschaftlern derart viel Zustimmung erfahren wie der Verdacht, dass alle Politik und die Entstehung aller Parteien sich letztlich auf eine Handvoll von Konflikten reduzieren lässt. Die beiden Sozialwissenschaftler Seymour Lipset und Stein Rokkan, die diesen Verdacht Ende der 60er formulierten, stellten sich die Frage: Woher kommen Parteien? Von Interessengruppen, Teilen der Gesellschaft also, die ein gemeinsames Interesse verfolgen. Was aber zerteilt eine Gesellschaft in Gruppen (und Parteien)? Die Antwort der beiden Soziologen war verblüffend: Im Prinzip und in den westlichen Demokratien eine Kombination der immer gleichen vier Konfliktlinien. Als da wären:

  • Arbeit vs. Kapital – der Klassenkonflikt
  • Kirche vs. Staat – der Säkularkonflikt
  • Stadt vs. Land – der Industrialisierungskonflikt
  • Zentrum vs. Peripherie – der Kulturkonflikt zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschaften

Manchmal überschneiden sich die Konfliktlinien, manchmal decken und verstärken sie sich: in jedem Fall sind sie die Kondensationskeime, an denen sich Parteien bilden, die dann wiederum von Teilgesellschaften mitunter regelrecht aufgesogen werden. Eine Theorie, die deutlich komplexer ist als ein simples Links-Rechts-Schema aller existierenden Parteien, aber immer noch verdammt einfach und schnell zu begreifen. (Selbst für den doch eher eingeschränkt talentierten Studenten der Politikwissenschaft, der ich mal war, weshalb ich jetzt so auf dieser These rumreite.)

Das Erstaunliche an diesem simplen Modell ist, dass es so gut funktioniert: Die Konfliktlinien, die ein Land dominieren, sind diejenigen, die das politische Koordinatensystem am besten beschreiben und vergleichsweise zuverlässige Prognosen über politische Kräfteverhältnisse. In der (alten) Bundesrepublik sind übrigens die bestimmenden Konfliktlinien „Arbeit vs. Kapital“ und – stärker noch – „Kirche vs. Staat“.

Dummerweise konnte das Modell eins nicht erklären: Das Aufkommen und den Wahlerfolg grüner bzw. alternativer Parteien. Was sollten die sein – Vertreter der kulturellen Peripherie? Das erklärte wenig. Bis ein amerikanischer Politologe eine fünfte, neue Konfliktlinie entdeckte, und die hatte erstmals mit dem zu tun, was doch unserem Allgemein-Verständnis nach die Politik bestimmt: Mit Werten.

Was sind die Werte der „Piraten“?

Die Theorie des Politologen Ronald Inglehart besagte, abermals etwas küchenpolitologisch formuliert, dies. Diejenigen, die im materiellen Wohlstand aufgewachsen sind, deren Leben wird nicht bestimmt von der Sicherung der Existenz und des Überlebens. Sie orientieren sich an idealistischen Werten wie Demokratie, Freiheit, Kultur anstatt an Wohlstand, Sicherheit, Karriere. Inglehart nannte diese Wertorientierung „postmaterialistisch“ und führte dann Konfliktlinie Nr. 5 ein:

  • Materialisten vs. Postmaterialisten

So, und nun sind wir zurück bei den Piraten. Bleibt man im Schema, stellt sich die Frage, welcher gesellschaftliche Grundkonflikt ihre Existenz speist. Postmaterialisten sind die Piraten , so viel ist klar – ihr Problem ist, dass sie auf dieser Seite der Konfliktlinie alles andere als allein sind. Also, was sind die Werte und Ziele, die sie von den anderen (vor allem von den Grünen) unterscheidet? Zitat „Spiegelfechter“:

Neben einer Reformierung der Urheber- und Patentrechte treten die Piraten auch für die informationelle Selbstbestimmung, Datenschutz, ein transparentes Staatswesen und den freien Zugang zu Informationen und Bildung ein.

Wenn’s das ist, dann ist es dürr und schwammig. Auch wenn man als Geek neigt, es anders zu sehen: Open Source allein ist kein politisches Programm. Was also ist der Markenkern der Marke „Piratenpartei“? Die Kernbotschaft? Der Schlachtruf?

Gemeinerweise bin ich der Ansicht, der „Spiegelfechter“-Artikel ist am hilfreichsten, wo er  die Piraten als die Stimme der „pädokriminellen Killerspieler“ ironisiert. Tatsächlich ist meines Erachtens die Ultima Ratio der Piraten-Partei ein Generationenkonflikt.

Digital Natives vs. Digital Immigrants?

Generation C64“ – das Etikett mag ein wenig schief sein, aber der Artikel beschrieb sehr gut, worum es geht: um einen tief greifenden Kulturbruch. Dass die alten Säcke aus der Zeit des kabelgebundenen Festnetzanschlusses einfach nicht begreifen wollen, wie tief sie in der Vergangenheit verwurzelt sind und wie stark der selbstverständliche Umgang mit Feeds, Crowdsourcing, Netzwerken, Mashups, Plattformen aller Art das Verständnis von Gesellschaft und Kommunikation prägt. (Mein virtueller Gastgeber hat das hier mal ironisch in Worte zu fassen versucht.) Aber ist das schon eine Konfliktlinie? Nach den oben vorgestellten Überlegungen: nein – und zwar einfach deshalb, weil sie quer auch durch die etablierten Parteien gehen.

Generationenkonflikte haben es an sich, dass sie sehr langlebig sind – sich aber irgendwann in Wohlgefallen auflösen.  Spätestens wenn die Digital-Generation die Analogen an den Schaltstellen abgelöst hat, ist sie, die Piratenpartei, überflüssig. Und das muss ihr klar sein.

Disclaimer: Der untergeek ist nicht Mitglied einer Partei und gesteht, die Mitglieder der Piratenpartei bislang ausnahmslos als äußerst intelligente Idealisten erlebt zu haben, für deren Ziele und Methoden er große Sympathie hegt.

Träumen vom 3D-Drucker

Phillip vom famosen bausteln.de, der den Arduino-Workshop auf der Sigint geleitet hat, hat dort noch einen sehenswerten Vortrag präsentiert – einen Überblick über den Traum vom „Fabbing“, von der Maschine, die als 3D-Drucker in der Lage ist, fast beliebige Werkstücke herzustellen und sich allmählich der Fähigkeit annähert, sich selbst zu reproduzieren. Das Ganze für jedermensch bezahlbar und natürlich open source. Erste Schritte sind gemacht (Links zu den bekanntesten Projekten am Ende dieses Artikels), aber es zeichnete Philips Vortrag aus, dass er sich nicht völlig von der Euphorie des „Druck-Deinen-eigenen-Alltagsgegenstand“-Lagers hat wegspülen lassen. Weiterlesen