Nachtrag, April 2010: Die hier beschriebene Software ist meines Erachtens inzwischen überholt; der Java PS3 Media Server von shargr4th ist nicht nur deutlich komfortabler als alle hier beschriebenen Lösungen, er ist einfach zu installieren, für alle größeren Plattformen erhältich und sogar eingedeutscht. Also: why bother.
He, es gibt nichts zu lesen hier! Geh weg! Schsch!
Eine neue Mitbewohnerin ist im Haus. Und sieht traumschön aus:
Da die neue PS3 aber nicht nur schön aussehen soll, sondern beispielsweise auch Filme abspielen, die anderswo liegen, wandert der Minimac-Wohnzimmer-PC auf meinen Schreibtisch und darf ab jetzt Arbeitspferd spielen. Außerdem will ich ihn zu einem Mediaserver umrüsten, der mit der PS3 anstandslos zusammenarbeitet – und mit den anderen Geräten im Haus natürlich auch.
Um es vorweg zu nehmen: Die Operation ist gelungen, alles funktioniert großartig. Allerdings hat sich der Weg dorthin als mittelschweres Abenteuer entpuppt – inklusive größerer Konfigurierkämpfe und ausgewachsener Quellcodeübersetzungsschlachten.
Drei Medienserver-Systeme für dem Mac habe ich in Betracht gezogen:
- Eyeconnect von Elgato (30 Tage kostenlos, danach stolze 50 Euro) [meine Erfahrungen]
- Twonkymedia von PacketVideo (30 Tage kostenlos, danach 30 Euro) [meine Erfahrungen]
- das Open-Source-Produkt Mediatomb, das aus der Linux-Welt auf den Mac wandert. [meine Erfahrungen]
Es ist dann am Ende doch das Open-Source-Produkt geworden – und nicht aus Kostengründen. Aber wie eingangs erwähnt: der Weg dahin war ein Abenteuer. Lies und lerne.
Elgato EyeConnect 1.5
Der Medienserver von Elgato war – trotz seines stolzen Preises – erste Wahl, weil ich bereits ein Elgato-Produkt im Einsatz habe – die Videorekorder-Software EyeTV leistet mir treue Dienste, noch in der Version 2.3. Die enthält zwar einen Webserver fürs iPhone, den man selbstverständlich auch von anderen Computern anzapfen kann, aber eben nicht von der PS3 – zumindest nicht auf komfortablem Weg. Wenn ich mich nun für Eyeconnect entscheide, bekomme ich eine Ein-Klick-Sorglos-Lösung, die ohne Probleme mit EyeTV zusammenarbeitet und so einen hohen WAF garantiert – hoffe ich.
Die Testversion ist auch schnell installiert. Leider funktioniert sie nicht auf Anhieb: dass die PS3 den neuen Medienserver zunächst nicht findet, ist beim zweiten Anlauf schnell behoben. Gewichtiger wiegt, dass sie keine Filme vom Medienserver abspielt, sondern sich einen “DLNA-Fehler” meldet. Hurra.
Nach einigem Herumlesen finde ich in den Foren des Herstellers Elgato den patzigen Hinweis, das sei nur auf manchen Systemen so und läge daran, dass Sony irgendwann seine PS3-Firmware substanziell geändert hat, und EyeConnect sei nicht der einzige Server, der Probleme hätte. Man arbeite dran. Ich muss allerdings nach einigem Nachdenken dem Schreiber dieses wütenden Kommentars Recht geben: da müsste auch die kleine Firma Elgato sich ein wenig mehr bewegen. Dafür ist die Software zu teuer. Ich deinstalliere sie.
TwonkyMedia 4.4.6
Der Hersteller TwonkyVision war ursprünglich eine Ausgründung des Fraunhofer FOKUS – hier erwarte ich also deutsche Ingenieurs-Wertarbeit. Leider scheint der Mac nicht ganz oben zu stehen auf der Liste der unterstützten Systeme – für Intel-Macs wird zwar eine neueste Release 4.4.9 angeboten, aber die verweigert auf meinem System schlicht die Arbeit. Ich greife zur Vorgänger-Version 4.4.6, die leidlich läuft. Leider nur leidlich.
An dieser Stelle muss ich zwei Dinge über meinen Mini-Mac erklären: erstens, er läuft noch unter OS X 10.4 (aka “Tiger”), da ich bisher keine Lust hatte, 130 Euro für ein – zugegeben nettes – Update auszugeben. Aber so geht es ja vielen. Zweiter wichtiger Punkt: aufgrund meiner Computerparanoia habe ich getrennte Nutzer-Konten (a) für einen Systembenutzer mit Administrator-Rechten, (b) den Standardanwender, der auch automatisch angemeldet wird – aber keine Admin-Rechte hat und so beispielsweise keine Software installieren oder löschen darf. Auch die Kommandozeile ist in Mitleidenschaft gezogen: sudo funktioniert mit dem Standard-Nutzer nicht. Und das hat leider Folgen.
Twonkymedia weigert sich nämlich, mit den eingeschränkten Rechten meines Standardbenutzers richtig zu funktionieren. Erst, als ich die Software testweise unter dem Admin-Konto installiere und starte, findet die PS3 den Server – aber das ist ja kein Zustand. Außerdem gerät die Wiedergabe von Filmen immer wieder ins Stocken; beim vergleichsweise datenreichen MPEG2-Strom aus der ARD-Sendung von “Das Leben der Anderen” liefert der Server gar nur eine Serie von Standbildern. Nun gut: sowohl Mac als auch PS3 hängen derzeit an derselben WiFi-Verbindung – die hat aber theoretisch 19 MBit/s Netto-Durchsatz und müsste auch bei Halbierung auf zwei Kanäle dicke ausreichen.
Sehr unschön.
Da ich wenig gewillt bin, mit einer Einzellösung zu experimentieren – ich weiß, dass ich mit sudo, runas etc. schon ordentlich gefährlichen Unfug angestellt habe – schaue ich mir lieber Kandidaten Nummer drei an.
MediaTomb 0.11.0 für OSX 10.4
Auch MediaTomb ist nicht gerade für den Mac entwickelt worden, sondern stammt aus der Linux-Welt. Wie viele andere Programme von dort findet es aber seinen Weg auch ins “Tiger”-System – wenn man das Portierungs-Projekt Fink auf den Rechner holt. Mit Fink lassen sich Programm aus der Unix-Welt einfach herunterladen, mit einer APT-artigen Befehlssyntax (sogar APT selbst ist dann bald installiert) – und unter den erhältlichen Programmen ist auch der Mediatomb-Server.
Aber wie vorgehen? Als erstes melde ich mich in einem SSH-Terminal als Administrator an, kopiere die Fink-Dateien in den neu erstellten Pfad /sw/bin/
. Dann rufe ich den Befehl sudo /sw/bin/init.sh
auf, der die Pfade setzt, sodass der Mac die Fink-Befehle als normale Teile seines Sprachschatzes akzeptiert.
Was jetzt zu tun ist, ist eher unerfreulich. Fink kann nämlich zweierlei Arten von Paketen laden:
- vorkompilierte Binär-Pakete und
- Source-Pakete, die dann mithilfe des XCODE-Entwicklerpakets von Apple übersetzt werden.
Da das Mediatomb-Paket sich noch in der Entwicklung befindet, ist es nicht Teil der offiziellen Fink-Bibliothek – man muss also zunächst mal den “unstable”-Zweig aktivieren. Auch das hat bei mir noch nicht gefruchtet: zwei weitere Schritte waren nötig.
- Von der Mac-OS-X-Installations-DVD das XCODE-Entwicklungspaket installieren, mitsamt dem C-Compiler
- Fink mit dem Befehl
fink selfupdate-rsync
anweisen, sich seine Pakete aus dem rsync-Server zu holen. Erst danach hatte meine fink-Installation Zugriff auf das mediatomb-Paket!!! [Siehe allerdings auch den Nachtrag ganz unten|
Klingt schlimmer, als es ist. Eine wunderbare, detaillierte und kundige Anleitung findet sich hier. [englisch] Und nicht erschrecken: bei mir dauerte die Übersetzung aller Pakete wirklich Stunden, aber es hat anstandslos funktioniert.
Als guter Tipp hat sich außerdem erwiesen: Erst lesen, dann finken! Zumindest das Kapitel über Installation und Basisbefehle. [mehr]
Ein paar kleine Tipps noch:
- Nicht vergessen: der Mediatomb-Server soll nicht mit Admin-Rechten laufen! Muss er auch nicht. Eine normale Kommandozeile starten und einfach
mediatomb -d
aufrufen – dann läuft der Server im Hintergrund weiter. - Ich habe dem Server in der Konfigurationsdatei (s.u.) einen festen Port und eine feste Schnittstelle zugewiesen – in meinem Fall den Port 9000 und die Schnittstelle en1 (das ist der AirPort, also die Wifi-Schnittstelle; bei kabelgebundenem Mac wär’s die en0).
- Ein kleines Loch in die Firewall bohren: in den Mac-Systemeinstellungen fürs Netzwerk und die Firewall einen TCP-Eingang für den oben fest gelegten Port 9000 schaffen, und man kann auch von anderen Rechnern im Hausnetz wunderbar Filme schauen (über das Webinterface http://serveradresse:9000)
Ganz brauchbar ist auch dieser Post aus Australien [englisch], der allerdings erst in den Kommentaren auf das kleine, aber entscheidende Detail zu sprechen kommt, dass man Mediatomb erst einmal ausführen muss, ehe man in der Mediatomb-Config umherpfuscht (Übrigens: das kann man bequem vom Standard-Konto aus tun, sudo-Rechte sind nicht mehr nötig… puh.) Vom nächsten Punkt ganz zu schweigen.
Funktioniert super… oder?
Leider nein. Umlaute bringen das Gespann PS3/Mediatomb noch aus dem Takt – und alle Filmformate will es auch nicht abspielen. Zum Glück lässt sich das in den Einstellungen der Konfigurationsdatei beheben: die Datei /Users/username/.mediatomb/config.xml.
In dieser Datei müssen beispielsweise die Zeichensätze allesamt auf UTF-8 umgestellt werden, den Unicode-Zeichensatz, mit dem die PS3 auch Umlaute kennt – und diverse Ergänzungen vorgenommen werden, damit sie alle Medienformate erkennt. Eine richtig gute config.xml hier – ich habe sie einfach kopiert, an meine oben erwähnten Server-Einstellungen angepasst, und seitdem läuft alles – wie bestellt.
Nachtrag, 29.1.09:
Es hat sich als segensreich erwiesen, die MiniMac-Dose auf MacOS X 10.5 “Leopard” zu bringen – unter 10.4 hatte ich immer wieder das Problem, dass Filme von der PS3 nur stockend wiedergegeben wurden, was ziemlich nervig war und den WAF extrem gedrückt hat. Seit dem Update ist das Problem behoben; vielleicht hängt’s damit zusammen, dass 10.4 nicht der beste Server-Motor ist – auch die Samba-Implementation von 10.4 ist äußerst problematisch und bereitete meinen Linux-Rechnern Bauchschmerzen. Egal: perdü.
Sobald das Betriebssystem aktualisiert war, habe ich auch die XCODE-Tools installiert, Fink gelöscht und neu installiert und dann Mediatomb noch einmal übersetzt: dazu müssen, wie gesagt, die “unstable”-Quellen aktiviert werden. Diesmal habe ich die Oberfläche “Fink-Commander” genutzt, und die hat mir erlaubt, mediatomb mit einem Klick aus den Quellen zu übersetzen; das oben erwähnte Umschalten auf RSYNC war nicht erforderlich. Einfach: Starten, Paketquellen aktualisieren, Mediatomb suchen, den “Von Quellcode installieren”-Knopf klicken, einen halben Tag warten: läuft.
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