Lieber diesmal nicht selber machen: diese Schaltung hätte das Problem möglicherweise gelöst, aber vor Analogschaltungen hat der untergeek traditionell Angst. Weswegen er nach nebenstehender Skizze eines Berührungsschalters auch schnell in den Baumarkt geflüchtet ist, um dort die Lösung einzukaufen. Und statt dessen auf Tina traf.
Schön sieht’s aus, das neue Bett. Und der Hersteller hat auch gleich an uns Leseratten gedacht und den Einbau einer Nachttischbeleuchtung vorgesehen, hinter dem Kopfteil und mit einem wunderschönen Einschaltknopf aus gebürstetem Stahl in der Holzfläche. Allerdings verlangt er dafür unverschämte Preise, und der untergeek denkt sich: warum so viel ausgeben? Ähnliche Lampen wie die von H***** angebotenen sind längst im Haus, tschtammen von Tschibo und haben deshalb nur fünfzehn Euro pro Stück gekostet: 20W-Lämpchen, an Schwanenhälsen direkt an ein Steckernetzteil mit Schalter im gebürsteten Alu-Gehäuse verschraubt.
Allerdings wär’s schöner, wenn man sie auch vom Bett aus ein- und ausschalten könnte – was zu folgendem Projekt führt: die Lampe soll so umgebaut werden, dass sie direkt hinter der Bettrückwand sitzt – und dass man sie mit einer einfachen Berührung des (blinden) Metallknopfs ein- und ausschalten kann. So ein richtig geiler 70er-Jahre-Oldschool-Sensorschalter halt – was waren die Dinger mal hip! (Hier sind sie immerhin noch praktisch – darüber, dass die Teile dauernd eine geringe Standby-Strom verschwenden, denken wir jetzt mal einen Moment lang nicht nach.)
Sensorschalter – woher nehmen und nicht stehlen? Die Grundschaltung ist – das verraten mir diverse Werkbücher – einfach: zwei in Darlington-Schaltung angeordnete Transistoren, die das verstärken, was ein Mensch so an elektromagnetischen Strömen einbringt – auch wenn es den Elektrosmogfundis gar nicht passt, sind wir alle wandelnde Antennen und fangen eine Menge Netzbrummen ein. Dieses Signal dann zum Toggeln eines Flipflops verwenden, das wiederum… und da verlässt mich der Mut. Muss ich das wirklich selbst entwerfen, debuggen, einbauen? Wo es sowas doch in jedem Baumarkt geben müsste?
Gestatten, Tina
“Berührungsschalter?” Der Baumarktkerl kratzt sich am Kopf. Er sieht aus und riecht, als würde er eine ganze Menge schwitzen. “Näää – so was ham wa nich.” Und dann sagt er den fatalen Satz: “Nehmen Sie doch ‘ne Tina.”
Tina ist eine Leuchte in einem Metallkörper, die genau diesen 70er-Jahre-Berührungs-an-Effekt bietet. Sie kostet acht Euro und ist, wie man auf diesem Bild sehen kann, von epochaler Hässlichkeit. Eine Verwendung als Nachttischlampe kommt auf gar keinen Fall infrage. “Naja, wenn Sie die ausschlachten, haben Sie den Berührungsschalter, weil so gibt es das nich. Oder, Helmut?” Sein herbeigeeilter Kollege bestätigt. Himmelherrgottnochmal… was ist dieser Tage mit den Baumärkten los? Nun ja: bei acht Euro pro Stück ist das Risiko weiß Gott überschaubar. Mit zwei Tinas im Kofferraum trete ich den Heimweg an.
Kein Pardon: Tina wird geschlachtet
Noch ahnen die beiden Tinas nichts davon, was ihnen droht.
Das dauert nicht lang: erst drehe ich Tina den Kopf ab. Was etwas Gewalt erfordert: Tina ist gut verschraubt und verklebt. Die Ober- wie auch Unterseite sind mit einer Mutter auf eine hohle Achse geschraubt, lassen sich aber mit einem 13er Maulschlüssel ohne weiteres entfernen.
Die Montage ist schnell abgeschlossen und wirft nebenbei ein paar Bastelteile ab – das Netzkabel, diverse Klemmösen, die Kabeldurchführung (ich werde sie später für die Lampen recyceln) und eine E14-Lampenfassung. Mein Angebot, aus Tinas Korpus zwei formschöne Aschenbecher zu basteln, lehnt die Süße kalt ab. Ob es daran liegt, dass wir beide nicht rauchen?
Am Ende liegt Tinas noch warmes Herz vor mir: MT-1009, ein Sensorschalter mit Dreistufendimmer von der Zhuhai Mingtong Electronic Factory in der Provinz Guangdong. Ein TÜV-CE-Zeichen bieten die Chinesen – technische Details über Tinas Herz leider nicht, zumindest nicht auf ihrer Website.
Die gekapselte Schaltung ist äußerst einfach anzuschließen: braunes und blaues Kabel direkt ans Netz, aus dem sie sich auch ihre Versorgungsspannung zieht, das rote Kabel hat den Schalterausgang – die Lampe wird an braun und rot angeschlossen; gelb ist der Anschluss für den Berührungssensor.
Das wäre erledigt. Jetzt ist die erste Nachttischlampe von Tschibo dran:
Steckerextraktion mit dem Dremel
Die Rückseite mit dem angegossenen Schuko-Stecker nehme ich ab, baue einen niedlichen Netz-Kippschalter für die Teilekiste aus und bereite statt dessen ein Anschlusskabel vor.
Jetzt ist Dremeltime! Mit dem Handbohrer und einer Trennscheibe (eine? ach was: die erste bricht natürlich ab.) – mit Trennscheiben schneide ich den angegossenen Stecker von der Rückplatte und habe jetzt statt dessen ein schönes, großes Loch. Darüber klebe ich mit etwas Heißleim Tinas Herz und führe durch den verbliebenen Spalt die Anschlusskabel ins Gehäuseinnere. Die Befestigungsbohrungen für die Deckelschrauben bohre ich auf und gleich auf der anderen Seite durch – und kann jetzt mit langen Holzschrauben gleichzeitig das Gehäuse schließen und die Lampe befestigen.
Der Rest ist bestes Bastelhandwerk. Eine Holzplatte dient als Adapter zwischen Lampe und Bettrückwand, in den Metallknopf-Dummy bohre und schneide ich ein Gewinde, über das der Sensor-Anschluss verschraubt wird. Fertig… und sieht richtig klasse aus…
Ende mit Schrecken – oder Schrecken ohne Ende?
…und an dieser Stelle könnte ich eigentlich aufhören und alles wäre gut. Aber ein Blog dient der Wahrheit, und deswegen sei das schmutzige kleine Geheimnis nicht verschwiegen: Der Sensorschalter funktioniert zwar wunderbar und liefert mir auch drei verschiedene Helligkeitsstufen – aber: die helleren flackern besorgniserregend. Was Wunder: wer sagt denn, dass Tinas Herz wirklich dafür ausgelegt sein muss, induktive Lasten zu schalten – wie es der Netztrafo der Halo-Lämpchen nun mal ist? Anders als eine Glühbirne, die eine so genannte ohmsche Last darstellt, baut ein Trafo eben ein elektromagnetisches Feld auf – das beim Abschalten eine Spannungsspitze produziert, 50x pro Sekunde. Hier ist ein Phasenanschnitt-Dimmer nötig – Tinas Herz ist wohl bloß ein etwas weniger aufwändiger Phasenabschnittsdimmer. (Mehr zu den richtigen Dimmern für Niedervolt-Halos hier.)
Das heißt: auch dieses Projekt geht in die nächste Runde. Ich könnte die Lampe redesignen. Versuchen, die Schaltung umzubauen. Oder vielleicht finde ich ja im Baumarkt mal einen richtigen Sensor-Dimmer zum Einbauen – und nicht nur Tina.
Verwandte Artikel:
- Untergeek proudly presents: Ikea Moodstar (Thursday, 29. April 2010; Schlagworte: Fernbedienung, Ikea, IR, Lampe, LED, Moodlight, Moodstar)
- Das gab’s! (Thursday, 11. September 2008; Schlagworte: Dimmer, Monitor, Vergangenheit, Zwölfzöller)
- Wie färbe ich Schaumstoff – und vor allem: warum? (Monday, 18. October 2010; Schlagworte: Basteln, Baumarkt, DIY, Farbe, Hochzeit, Schaumstoff)
Hehe, cooles Projekt! Schade, dass der SLB 0587 nicht mehr hergestellt wird, da wäre einem so manches erspart geblieben ;-)
Wie lang ich da schon am Basteln bin… -.-
Viel Erfolg weiterhin noch!